Wie spreche ich mit Ärzt:innen über meine Cannabis-Therapie?
Veröffentlicht am: 12.12.2025
Key Facts
- Ärzt:innen dürfen Cannabis verschreiben, wenn Standardtherapien ausgeschöpft sind und eine schwerwiegende Erkrankung vorliegt.
- Sowohl Hausärzt:innen als auch Fachärzt:innen können ein Cannabisrezept ausstellen – auf Kasse oder privat.
- Die Kostenübernahme durch die Krankenkasse ist möglich, wenn medizinische Voraussetzungen erfüllt sind.
- Cannabisblüten kosten auf Privatrezept im Durchschnitt 8–16 € pro Gramm.
- Eine gute Vorbereitung erleichtert das Gespräch mit Ärzt:innen und erhöht die Chance auf eine erfolgreiche Therapie.
Medizinisches Cannabis ist längst in der Regelversorgung angekommen – und trotzdem haben viele Patient:innen Schwierigkeiten, das Thema gegenüber Ärzt:innen anzusprechen. Unsicherheiten, Wissenslücken und das Gefühl, sich „rechtfertigen“ zu müssen, erschweren oft ein offenes Gespräch.
In diesem Leitfaden geht es darum, wie du das Thema möglichst sicher, gut vorbereitet und erfolgreich bei deiner behandelnden Ärztin oder deinem behandelnden Arzt ansprichst – inklusive Antworten auf alle wichtigen Fragen rund um Cannabistherapie, Verordnung, Kosten und Voraussetzungen.
Wie spreche ich meine Ärztin/ meinen Arzt am besten auf medizinisches Cannabis auf Rezepte an?
Viele Patient:innen zögern – doch ein offenes Gespräch ist der wichtigste Schritt.
So gelingt es:
- Bereite dich gut vor → Symptomtagebuch, bisherige Therapieversuche, Nebenwirkungen
- Betone dein Ziel → welche Symptomlinderung wünscht du dir durch die Cannabis-Therapie? z. B. Schmerzlinderung, besseren Schlaf, Reduktion anderer Medikamente
- Frage sachlich und wertfrei → Könnte eine Cannabistherapie in meinem Fall sinnvoll sein?
- Verweise ggfs. auf Leitlinien & G-BA-Beschluss → seit 2024 wurde der Genehmigungsvorbehalt stark gelockert. Die Versorgung mit Medizinal-Cannabis wurde vereinfacht und die Therapie-Freiheit der Ärzt:innen gestärkt.
- Zeige Compliance → Bereitschaft zur Begleitung, Kontrollen, verantwortungsvollen Anwendung
„Gerade wenn Ärzt:innen einer Cannabistherapie kritisch begegnen, ist eine gute Vorbereitung entscheidend. Wer seine Beschwerden, Vortherapien und Ziele klar darlegt, schafft die Basis für ein sachliches und offenes Gespräch.“
— Nadine Herwig, Leiterin der Grünhorn Academy
Voraussetzungen für ein Cannabis-Rezept
Ganz prinzipiell haben Versicherte einen gesetzlich geregelten Anspruch auf die Versorgung mit medizinischem Cannabis. Ärzt:innen dürfen Cannabis verordnen, wenn:
- eine schwerwiegende Erkrankung vorliegt (sehr große Einschränkung der Lebensqualität).
- Standardtherapien ausgeschöpft, wirkungslos, nicht verträglich oder kontraindiziert sind.
- eine begründete Aussicht auf Symptomverbesserung besteht.
Wichtig: Seit dem G-BA-Beschluss 2024 entfällt bei bestimmten Indikationen der Genehmigungsvorbehalt, wenn die Verordnung durch eine Fachärztin / einen Facharzt mit Zusatzbezeichnung erfolgt.
Welche Ärzt:innen dürfen Medizinal-Cannabis verschreiben?
Fast alle Ärzt:innen dürfen Cannabis verordnen – egal ob Hausarzt, Orthopäd:in, Neurolog:in oder Psychiater:in. Die einzigen Ausnahmen sind Zahnärzt:innen und Tierärzt:innen. Diese dürfen Medizinal-Cannabis nicht verordnen.
Alle andere dürfen medizinisches Cannabis sowohl auf Kassen- als auch Privatrezepte verschreiben. Wichtig ist, dass eine saubere Dokumentation der Vortherapien vorliegt.
Wie viel Cannabis darf der Arzt pro Monat verschreiben?
Es gibt inzwischen keine strikte offizielle Monatsobergrenze, aber ungefähre Richtwerte:
- Cannabisblüten: häufig 20–100 g pro Monat
- Cannabisextrakte: je nach Konzentration 5–30 ml pro Monat
- Dronabinol / Fertigarzneien: individuelle mg-Dosierung
Entscheidend ist die medizinische Notwendigkeit, dokumentiert in der Patientenakte. Der Krankheitsverlauf und die Wirkung sollten für jeden Einzelfall gut nachvollziehbar sein.
Für welche Erkrankungen kann Cannabis verschrieben werden?
Der Gesetzgeber hat bei der Legalisierung des medizinischen Cannabis im Jahr 2017 bewusst keine Einschränkung auf spezielle Erkrankungen vorgenommen. Die Studienlage zum Einsatz von Medizinal-Cannabis ist sehr unterschiedlich. Neben vereinzelten Placebo-kontrollierten Untersuchungen, dominieren häufig Beobachtungsstudien, Befragungen (Online-Fragebogen) und Einzelfallberichte.
Die wichtigsten Bereiche:
- Chronische Schmerzen (Rückenschmerzen, Fibromyalgie, Rheuma, Migräne, Polyneuropathie)
- Neurologische Erkrankungen (Multiple Sklerose, Spastiken, Epilepsie)
- Psychische Erkrankungen (Angst, Schlafstörungen, Depression – Einzelfallentscheidung)
- Onkologie (Übelkeit, Appetitlosigkeit, Schmerzen)
- entzündliche Darmerkrankungen (Morbus Crohn, Colitis ulcerosa)
- Palliativmedizin
- Tourette-Syndrom, Autismus-Spektrum-Störungen, ADHS
Grundsätzlich gilt: Dies ist keinesfalls eine starre Liste, sondern die Ärztin bzw. der Arzt wird bei jedem einzelnen Patienten bzw. jeder einzelnen Patientin anhand des Krankheitszustandes den Einsatz von medizinischem Cannabis prüfen.
Kostenübernahme der Krankenkasse – wie läuft das?
Wenn alle folgenden Punkte erfüllt sind, können die Kosten für die Cannabistherapie durch die Krankenkasse übernommen werden:
- Schwerwiegende Symptome
- Standardtherapien erfolglos oder nicht zumutbar
- Positive Nutzen-Erwartung
- Ärztliche Begleitung
Prinzipiell ist die Kostenübernahme unabhängig vom genutzten Cannabisprodukt. Wichtig ist nur zu wissen, dass bei genehmigten Kostenübernahme kein Wechsel der Anwendungsform möglich ist. Wer die Kostenübernahme für Cannabinoide in Form von getrockneten Blüten hat, darf nicht ohne neuen Antrag auf einen Cannabisextrakt o. ä. wechseln.
Welche Krankenkasse übernimmt Cannabis?
Alle gesetzlichen Krankenkassen können Cannabis bezahlen, wenn die medizinischen Voraussetzungen erfüllt sind.
Wann bezahlt die Kasse?
Bei:
- dokumentierten Vortherapien
- Facharztbezug (bei bestimmten Diagnosen)
- nachvollziehbarer Indikation
Tipp: Gut vorbereitete Anträge werden deutlich häufiger genehmigt.
Ist kostenloses Cannabis auf Rezept möglich?
Ja – wenn die GKV genehmigt, zahlst du nur die gesetzliche Zuzahlung (max. 10 €).
Kosten: Was kostet medizinisches Cannabis auf Privatrezept?
Durchschnittspreise 2025:
- Cannabisblüten: ca. 6 – 16 € pro Gramm
- Extrakte: ca. 90 – 350 € pro 30 ml-Flasche
- Dronabinol: 0,12 – 0,20 € pro mg
Eine Monatsversorgung liegt oft bei 200 – 600 € (je nach Dosierung).
Ist Cannabis steuerlich absetzbar?
Ja – als außergewöhnliche Belastung, wenn medizinische Notwendigkeit dokumentiert ist.
Was darf ich mit einem Cannabis-Rezept?
- Cannabis legal in der Apotheke kaufen
- ärztlich begleiten lassen
- Therapiefortschritte dokumentieren
- mit Kassenrezept einen Teil oder alle Kosten erstattet bekommen
- mit Privatrezept selbst zahlen
Wichtig: Kein Autofahren unter akuter Wirkung.
Was muss auf einem Privatrezept stehen?
- Wirkstoff (z. B. Cannabisblüten, Sorte, THC/CBD-Gehalt)
- Abgabemenge
- Darreichungsform
- Dosierungsempfehlung
- Arztstempel und -unterschrift
Fazit: Cannabis auf Rezept – Tipps & Tricks für dein Gespräch mit Ärzt:innen
Eine Cannabistherapie kann für viele Patient:innen eine wirkungsvolle Option sein – doch der Weg dorthin beginnt immer mit einem gut vorbereiteten Gespräch. Wer seine Symptome klar beschreibt, bisherige Therapien dokumentiert und realistische Ziele formuliert, erleichtert Ärzt:innen die medizinische Entscheidung erheblich.
Die wichtigsten Tipps & Tricks auf einen Blick:
- Vorbereitung ist alles: Symptomtagebuch, Medikamentenliste und Vortherapien mitbringen.
- Realistisch bleiben: Cannabis ist eine Therapieoption, kein „Wundermittel“.
- Ehrlich kommunizieren: Wünsche, Sorgen und Erfahrungen offen ansprechen.
- Häufige Fragen klären: Dosierung, Sortenwahl, Einnahmeform, Fahrtüchtigkeit.
- Vertrauensvolle Begleitung nutzen: Regelmäßige Kontrolltermine zeigen Compliance und fördern den Therapieerfolg.
- Rezeptarten kennen: Privatrezept ist schnell verfügbar, Kassenrezept braucht Vorbereitung und Begründung.
- Kosten checken: Preise vergleichen und steuerliche Absetzbarkeit nicht vergessen.
- G-BA-Beschluss beachten: In vielen Fällen wurde der Prozess erleichtert – Fachärzt:innen dürfen unkomplizierter verordnen.
Kurz gesagt:
Wer informiert, gut vorbereitet und offen in das Gespräch geht, hat die besten Chancen auf eine erfolgreiche und verantwortungsvolle Cannabistherapie.