Cannabis Rotation zur Reduktion von Toleranzen | GH Academy

Toleranzentwicklungen bei Cannabiseinnahme: Key Facts

  • Medizinisches Cannabis kann im Verlauf der Therapie zur Toleranzentwicklung führen.
  • Cannabis-Rotation beinhaltet den Wechsel zwischen verschiedenen Cannabinoid-haltigen Produkten, um die Toleranzentwicklung zu vermeiden oder zu reduzieren; vergleichbar mit der Opiat-Rotation.
  • Toleranz gegenüber Cannabinoiden entsteht durch Faktoren wie die Herunterregulierung von Cannabinoid-Rezeptoren, Veränderungen im Neurotransmitter-System und von Stoffwechselprozessen.
  • Cannabis-Rotation funktioniert, indem Patienten die Sorte oder zwischen THC-dominanten, CBD-dominanten und ausgewogenen Produkten wechseln, um die Toleranzentwicklung zu verlangsamen.
  • Vorteile der Cannabis-Rotation umfassen die Reduzierung von Toleranz, die Erhaltung der Wirksamkeit und die individuelle Anpassung an die Bedürfnisse der Patient:innen.

Die Verwendung von medizinischem Cannabis und Cannabinoiden zur Schmerzlinderung hat in den letzten Jahren stark zugenommen, da immer mehr Menschen nach alternativen Behandlungsmethoden suchen. Insbesondere bei chronischen Schmerzen hat sich gezeigt, dass medizinisches Cannabis eine wirksame Ergänzung der bestehenden Therapie sein kann. Jedoch kann die langfristige Anwendung von Cannabisprodukten zur Entwicklung einer Toleranz führen, was bedeutet, dass höhere Dosen benötigt werden, um die gleiche Wirkung zu erzielen. Dieser Mechanismus ist vor allem bei der Opiat-Therapie bereits bekannt. In ähnlicher Weise wie bei Opioiden kann die Cannabis-Rotation eine mögliche Lösung zur Reduktion von Toleranzentwicklung darstellen.

Was ist Cannabis-Rotation?


Cannabis-Rotation bezieht sich auf den Wechsel zwischen verschiedenen Cannabinoid-haltigen Produkten oder Sorten, um die Entwicklung von Toleranz zu reduzieren oder zu verhindern. Ähnlich wie bei der Opiat-Rotation bei der Schmerztherapie zielt die Cannabis-Rotation darauf ab, die Wirksamkeit der Behandlung aufrechtzuerhalten, indem die Patient:innen regelmäßig zwischen verschiedenen Cannabinoiden oder Cannabisprodukten wechseln.

Warum tritt Toleranz gegenüber Cannabis auf?


Die Toleranzentwicklung gegenüber Cannabis ist ein komplexer Prozess, der durch mehrere Faktoren beeinflusst wird:

  • Herunterregulierung von Cannabinoid-Rezeptoren: Bei regelmäßigem Cannabiskonsum können Cannabinoid-Rezeptoren (wie CB1-Rezeptoren im zentralen Nervensystem) herunterreguliert werden [1]. Das bedeutet, dass die Anzahl der verfügbaren Rezeptoren auf der Zelloberfläche abnimmt, was zu einer verminderten Wirkung von Cannabinoiden führen kann.
  • Veränderungen im Neurotransmitter-System: Cannabinoide beeinflussen das Endocannabinoid-System, das eng mit anderen Neurotransmitter-Systemen im Gehirn verbunden ist. Regelmäßiger Cannabiskonsum kann zu Anpassungen in diesen Systemen führen, was die Toleranzentwicklung ebenfalls beeinflussen kann.
  • Veränderung im Stoffwechselprozess: Der Körper kann sich im Laufe der Zeit an den Metabolismus von Cannabinoiden anpassen, was dazu führen kann, dass sie schneller abgebaut und weniger wirksam sind.

Die pathogenen Mechanismen, die zur Cannabinoid-Toleranz führen sind noch nicht vollständig verstanden. Erste Untersuchungen deuten darauf hin, dass Prozesse daran beteiligt sind, die eine Re-Sensibilisierung und Abbau des CB1-Rezeptors fördern [2]. 
Es ist wichtig anzumerken, dass die Toleranzentwicklung individuell variieren kann und von verschiedenen Faktoren wie der Häufigkeit und Dauer der Cannabiseinnahme, der Dosierung, der Verabreichungsform sowie genetischen und Umweltfaktoren abhängt.

Wie funktioniert Cannabis-Rotation?


Bei der Cannabis-Rotation wechseln die Patient:innen zwischen verschiedenen Cannabinoiden oder Cannabissorten, um die Toleranzentwicklung zu verlangsamen oder zu verhindern. Dies kann durch die Verwendung von Produkten mit unterschiedlichen Cannabinoidprofilen erfolgen. Zum Beispiel enthalten einige Produkte höhere Mengen an THC, während andere einen höheren CBD-Gehalt aufweisen. Durch den Wechsel zwischen THC-dominanten, CBD-dominanten und ausgewogenen Produkten können die Patient:innen die Toleranzentwicklung reduzieren.

Vorteile der Cannabis-Rotation


Die Cannabis-Rotation bietet mehrere potenzielle Vorteile für Patient:innen, die Cannabinoide zur Schmerztherapie verwenden:

  • Reduzierung von Toleranz: Durch den regelmäßigen Wechsel zwischen verschiedenen Cannabinoiden können Patient:innen die Toleranzentwicklung verlangsamen oder reduzieren, was bedeutet, dass sie langfristig niedrigere Dosen benötigen können, um die gewünschte Wirkung zu erzielen.
  • Erhaltung der Wirksamkeit: Indem verschiedene Cannabinoide oder Cannabissorten verwendet werden, können Patient:innen die Wirksamkeit der Behandlung aufrechterhalten, ohne dass sie ihre Dosis erhöhen müssen.
  • Individuelle Anpassung: Die Cannabis-Rotation ermöglicht es den Patient:innen, Produkte zu finden, die am besten zu ihren individuellen Bedürfnissen passen. Einige Patient:innen reagieren möglicherweise besser auf THC-dominante Produkte, während andere von CBD-dominanten Produkten profitieren können.

Fazit


Die Cannabis-Rotation ist eine vielversprechende Strategie zur Reduktion von Toleranzentwicklung und zur Aufrechterhaltung der Wirksamkeit von Cannabinoiden bei der Schmerztherapie. Indem die Patient:innen regelmäßig zwischen verschiedenen Cannabinoid-haltigen Produkten wechseln, können sie die Entwicklung von Toleranz verlangsamen und langfristig von einer effektiven Schmerzlinderung profitieren. Es ist jedoch wichtig, dass die Cannabis-Rotation unter ärztlicher Aufsicht erfolgt, um eine angemessene Dosierung und Überwachung sicherzustellen.

Quellen:


[1] D'Souza DC, Cortes-Briones JA, Ranganathan M, Thurnauer H, Creatura G, Surti T, Planeta B, Neumeister A, Pittman B, Normandin M, Kapinos M, Ropchan J, Huang Y, Carson RE, Skosnik PD. Rapid Changes in CB1 Receptor Availability in Cannabis Dependent Males after Abstinence from Cannabis. Biol Psychiatry Cogn Neurosci Neuroimaging. 2016 Jan 1;1(1):60-67.

[2] Kuramoto K, Wang N, Fan Y, Zhang W, Schoenen FJ, Frankowski KJ, Marugan J, Zhou Y, Huang S, He C. Autophagy activation by novel inducers prevents BECN2-mediated drug tolerance to cannabinoids. Autophagy. 2016 Sep;12(9):1460-71.
Autor: Dr. Nadine Herwig
Dr. Nadine Herwig - Leiterin Grünhorn Academy
Dr. Nadine Herwig studierte von 2006 bis 2010 Angewandte Naturwissenschaften an der Technischen Universität Bergakademie Freiberg. Ihre Promotion führte sie am Helmholtz-Zentrum in Dresden-Rossendorf am Institut für Radiopharmazie durch. Zu ihren bislang publizierten wissenschaftlichen Arbeiten gehören u. a. Originalartikel auf dem Gebiet der Hautkrebsforschung und der Biomarker.