Welche Wirkung haben Cannabisprodukte?
Wie wirken Cannabis und Cannabinoide?
- Cannabinoide wie THC und CBD wirken im Körper mit einem System namens Endocannabinoid-System zusammen, das viele Dinge im Körper reguliert.
- THC ist psychoaktiv und hat verschiedene Effekte wie Euphorie, Entspannung und Schmerzlinderung, während CBD keine psychoaktiven Wirkungen hat und entzündungshemmend sowie schmerzlindernd wirkt.
- Neben THC und CBD gibt es auch andere Stoffe in Cannabis, die zur Wirkung beitragen, z.B. Terpene.
- Medizinisches Cannabis wirkt bei jedem anders und hängt von Dingen wie der Menge, der Art der Anwendung und wie der Körper darauf reagiert ab. Deshalb ist es wichtig, dass ein Arzt die Behandlung überwacht.
Die Wirkung Cannabinoid-haltiger Arzneimittel ist auf die Zusammensetzung der Cannabinoide zurückzuführen, die in der Pflanze vorkommen. Die beiden wichtigsten und derzeit am besten untersuchten Cannabinoide sind Tetrahydrocannabinol (THC) und Cannabidiol (CBD). Diese interagieren mit dem körpereigenen Endocannabinoid-System, welches an der Regulation verschiedener physiologischer Prozesse beteiligt ist.
Tetrahydrocannabinol (THC)
THC ist das Cannabinoid, das für die psychoaktiven Effekte von Cannabis verantwortlich ist. Es bindet an Cannabinoid-Rezeptoren im Gehirn und löst Effekte wie Euphorie, Entspannung und möglicherweise auch Veränderungen der Wahrnehmung aus. Darüber hinaus hat es übelkeitshemmende, schmerzlindernde, muskelrelaxierende, schlaffördernde, appetitstimulierende sowie berauschende Eigenschaften.
Cannabidiol (CBD)
Im Gegensatz zu THC hat CBD keine psychoaktiven Wirkungen, beeinflusst also nicht das Bewusstsein oder die Wahrnehmung. Vielmehr weist CBD eine antipsychotische, angstlösende, entzündungshemmende, schmerzlindernde und krampflösende Wirkweise auf.
Andere Cannabinoide und Terpene
Neben THC und CBD gibt es noch viele weitere Inhaltsstoffe, andere Cannabinoide und Terpene, die ebenfalls zur Gesamtwirkung beitragen können. Einige von ihnen haben möglicherweise eigene therapeutische Wirkungen, welche jedoch zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch wenig erforscht sind.
Generell ist es wichtig zu beachten, dass die Wirkung von medizinischem Cannabis von Person zu Person unterschiedlich sein kann und von verschiedenen Faktoren wie der Dosierung, der Anwendungsform, dem Cannabinoidprofil der Pflanze und der individuellen Reaktion des:der Patient:in abhängt. Daher ist eine sorgfältige ärztliche Betreuung und Anpassung der Behandlung wichtig, um die bestmöglichen Ergebnisse zu erzielen.
Warum wirkt Cannabis? (Erklärung der Wirkmechanismen)
Die pharmakologische Wirkung von Cannabis ist noch nicht ganz entschlüsselt. In den 1980er Jahren fanden Forscher heraus, dass es im Gehirn spezifische Bindungsstellen für THC gibt. Wenige Jahre später wurde neben dem ersten Cannabinoid-Rezeptor (CB1) auch ein zweiter Cannabinoid-Rezeptor (CB2) in der Milz entdeckt. Im Jahre 1992 bzw. 1995 wurden zudem zwei körpereigene Endocannabinoide, das Anandamid und das 2-Arachidonoylglycerol (2-AG) entdeckt. Diese Substanzen werden vom Körper selbst produziert und wirken aufgrund der Bindung an die Cannabinoid-Rezeptoren. Heute ist bekannt, dass CB1-Rezeptoren hauptsächlich im zentralen Nervensystem zu finden sind. Die höchste Konzentration kommt in den Basalganglien des Gehirns vor, die eine wichtige Rolle bei der Koordination von Bewegungen spielen, sowie im Hippocampus, der an Prozessen der räumlichen Orientierung und Gedächtnis beteiligt ist. CB2-Rezeptoren befinden sich im Immunsystem, im Verdauungstrakt oder dem Fortpflanzungssystem. Darüber hinaus gibt es Rezeptoren in Knochen, Haut, Lunge, hormonellen Drüsen oder in den Augen.
Die Entdeckung des Endocannabinoidsystems (ECS) hat dazu beigetragen, das Verständnis für die Rolle von Cannabinoiden im Körper zu vertiefen und hat auch den Weg für die Entwicklung von Medikamenten beeinflusst, die auf das ECS abzielen. Es ist wichtig zu betonen, dass die Forschung im Bereich des ECS weiterhin fortschreitet. Neue Erkenntnisse könnten unser Verständnis dieses komplexen Systems weiter vertiefen und somit zu einem besseren Verständnis des therapeutischen Nutzens Cannabinoid-haltiger Arzneimittel führen.
Was sind die typischen Anwendungen von Cannabisprodukten?
Cannabisprodukte werden für eine Vielzahl von medizinischen Indikationen verwendet. Die Anwendung ist dabei vom jeweiligen Cannabinoidgehalt abhängig. Nach der Legalisierung des medizinischen Cannabis wurde im Rahmen der Begleiterhebung seitens des Bundesministeriums für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) die Anwendung von medizinischem Cannabis dokumentiert. Dabei wurden "in mehr als drei Viertel aller Fälle (76,4%) […] Cannabisarzneimittel zur Behandlung chronischer Schmerzen angewendet. Weitere häufig behandelte Symptome waren Spastik (9,6%), Anorexie/Wasting (5,1%) und Übelkeit/Erbrechen (2,2%). In 14,5% der Fälle lag eine Tumorerkrankung vor, in 5,9% eine Multiple Sklerose.“1
Weitere in der Begleiterhebung beschriebene Diagnosen sind Depressionen, Migräne, ADHS, Appetitmangel, entzündliche Darmerkrankungen, Epilepsie, Tic-Störungen inkl. Tourette-Syndrom, Restless-Gel-Syndrom, Insomnie/Schlafstörungen und Cluster-Kopfschmerzen.
Inzwischen gibt es erste Belege für ein sehr breites Anwendungsspektrum von medizinischem Cannabis. Nichtsdestotrotz muss die entsprechende Evidenz bei verschiedenen Indikationen im Rahmen weiterer klinischer Studien geprüft werden.
Wie schnell ist der Wirkeintritt und wie lange die Wirkdauer von Cannabisprodukten?
Der Wirkeintritt bzw. die Wirkdauer Cannabinoid-haltiger Arzneimittel ist abhängig von der jeweiligen Anwendungsform.
Inhalative Anwendung
Die Verdampfung bzw. Inhalation von Cannabisblüten ermöglicht eine rasche THC-Aufnahme ins Blut. Bereits nach wenigen Minuten hat der THC-Plasmaspiegel sein Maximum erreicht. Die inhalative Aufnahme gewährleistet eine schnelle Wirkstoffanflutung und somit eine rasche Symptomlinderung bspw. von Schmerzspitzen innerhalb von 5 bis 15 Minuten. Eine Stunde nach der Einnahme ist die THC-Plasmakonzentration bereits sehr stark gesunken. Daher eignet sich die inhalative Anwendung vor allem zur akuten Behandlung plötzlich auftretender Symptome und weniger für eine Langzeitanwendung.
Quelle Grotenhermen F. [2]
Bei der Einnahme von Cannabis in Form von Extrakten (Tropfen) und Kapseln kommt es zu einem verzögerten Wirkeintritt (ca. 30 Minuten bis 3 Stunden) – aber mit langanhaltender Wirkung (Retardformulierung). Aufgrund der Beteiligung des Gastrointestinaltraktes und des First-Pass-Effekts in der Leber wird das THC langsamer verstoffwechselt. Der maximale THC-Plasmaspiegel wird erst nach 3 bis 4 Stunden erreicht. Dadurch ist eine langanhaltendere Wirkung bspw. über den gesamten Tag oder über Nacht gewährleistet. Im Vergleich der drei Darreichungsformen ergibt sich folgendes Schema des zu erwartenden Wirkeintritts und -dauer:
Die orale Aufnahme in Form von Extrakten und Sprays eignet sich vor allem zur Behandlung von Patient:innen mit Schluckbeschwerden.
Die oromucosale Aufnahme ermöglicht dank der patentierten Nanotechnologie eine raschere Aufnahme über die Mundschleimhaut. So sind maximale THC-Plasmakonzentrationen bereits 2 Stunden nach der Einnahme erreicht.
Quelle Lorenzl et al., 2022 [3]
Orale Anwendungsformen ermöglichen im Gegensatz zur inhalativen Anwendung eine genau Dosierung, wobei meist aufgrund der höheren Wirkstoffkonzentration geringere Mengen im Rahmen der Therapie nötig sind. Dies und die einfache Handhabung erhöhen die Compliance der Patient:innen!
Die pharmakologischen Eigenschaften der oralen Anwendung lassen sich in der Therapie durch eine Kombination von Blüten und Extrakten patientenindividuell therapeutisch nutzen.
Quellen
[1] https://www.bfarm.de/SharedDocs/Downloads/DE/Bundesopiumstelle/Cannabis/Abschlussbericht_Begleiterhebung.html
[2] Grotenhermen F. (2003). Pharmacokinetics and pharmacodynamics of cannabinoids. Clinical pharmacokinetics, 42(4), 327–360.
[3] Lorenzl, S., Gottwald, F., Nistler, A., Brehm, L., Grötsch, R., Haber, G., Bremm, C., Weck, C., Trummer, C., & Brand, W. (2022). A Phase I Trial to Determine the Pharmacokinetics, Psychotropic Effects, and Safety Profile of a Novel Nanoparticle-Based Cannabinoid Spray for Oromucosal Delivery. Medical cannabis and cannabinoids, 5(1), 9–19.