Dosierempfehlung für eine Rezeptierung von Medizinalcannabis | GH Academy

Jede Patientin und jeder Patient reagiert unterschiedlich auf Cannabis-Arzneimittel. Daher muss die Therapie mit Medizinal-Cannabis für jede Person individuell entwickelt werden. Es kann keine konkrete, allgemeingültige Empfehlung gegeben werden.

Grundsätzlich gilt in der Cannabis-Therapie: Start low, go slow.

Vor Beginn der Add-on Therapie sollte mit der Patientin und dem Patienten ein individuelles Therapieziel vereinbart werden. Dies kann z.B. eine bestimmte Symptomlinderung sein. Je nach Therapieziel eignen sich unterschiedliche Applikationsformen:

  • Zum einen gibt es die inhalative Einnahme von getrockneten Cannabisblüten mittels Vaporisator. Diese Applikationsform eignet sich, wenn ein schnelles Anfluten des Wirkstoffes und somit ein schneller Wirkeintritt gewünscht ist (wie z.B. bei Migräne) oder starke Schwankungen der Symptomstärke (z.B. einschießende Schmerzspitzen) therapiert werden sollen.
  • Zum anderen gibt es die orale Einnahme von Extrakten oder Kapseln, die aufgrund der langsamen Wirkstoff-Anflutung besonders gut für die Behandlung von chronischen Schmerzen geeignet ist. Zudem unterstützt diese Applikationsform die Compliance z.B. bei älteren Personen.

Applikationsformen-medizinisches-Cannabis

Es empfiehlt sich, bei der oralen oder inhalativen Einnahme mit ähnlichen Dosen zu beginnen. Idealerweise beginnt eine Therapie mit einer Startdosierung von 2-3 mg THC pro Tag:

  • 10-15 mg getrocknete Cannabisblüte bei einer Blüte mit 20 % THC-Gehalt
  • eine Vollspektrum-Kapsel mit 2,5 mg THC-Gehalt
  • 0,1 ml Vollspektrumextrakt mit 25 mg/ml THC-Konzentration

Die erste Einnahme sollte hierbei idealerweise am Abend erfolgen. Bei guter Verträglichkeit kann die Dosierung alle zwei Tage um 2,5 mg THC gesteigert werden, bis pharmakologische Effekte erkennbar sind. Verspürt die Patientin bzw. der Patient auch nach längerer Zeit keinen Effekt, sollte sie bzw. er sich an die/den behandelnde/n Ärztin/Arzt wenden, um gegebenenfalls die Blütensorte oder Darreichungsform zu wechseln.

Zur Beurteilung der pharmakologischen Wirkung empfiehlt es sich, dass Patientinnen und Patienten das Patiententagebuch (Link zum externen Grünhorn Shop) zur Einschätzung der Wirkung, dem Auftreten von Nebenwirkungen sowie sonstigen Begleiterscheinungen führen, so dass diese Aspekte beim nächsten Arztgespräch ausgewertet werden können.

Um Nebenwirkungen so gering wie möglich zu halten, sollte zu Beginn langsam titriert werden. Daher ist es durchaus möglich, dass zu Beginn der Therapie kein merklicher Effekt zu spüren ist. Eine adäquate Dosierung wird i.d.R. innerhalb von 2-4 Wochen erkennbar.

Die Tagesdosis ist dabei abhängig von:

  • Indikation und Krankheitsbild
  • Sorte der Cannabisblüte
  • Verträglichkeit
  • Vorhandene Erfahrung der Patientin bzw. des Patienten

und muss im Zusammenspiel von Ärztin/Arzt und Patientin oder Patient ermittelt werden. Sollten Nebenwirkungen auftreten, empfiehlt es sich auf die vorherige Tages- bzw. Einzeldosis herunterzugehen.

Therapiebeginn mit Extrakten und Kapseln

Die Tagesdosis für Extrakte und Kapseln wird in der Regel auf zwei Einzelgaben verteilt. Dabei ist die konstante Einhaltung von Einnahmezeitpunkt und Einnahmebedingung von entscheidender Bedeutung für die Verträglichkeit (insbesondere bei therapienaiven Patientinnen und Patienten). Zur besseren Einnahme des öligen Cannabisextraktes wird es empfohlen, den Extrakt auf ein Stück Brot oder ein Stück Zucker zu tropfen und auf nüchternen Magen einzunehmen. Demgegenüber können die Kapseln mit Wasser eingenommen werden. Es ist lediglich zu beachten, dass die Einnahme zusammen mit fettreichen Nahrungsmitteln den Wirkeintritt beeinflussen kann.

Applikationsformen medizinisches Cannabis

Dosierempfehlung für Extrakt- und Kapsel-Rezepte

Bei Extrakten liegt die durchschnittliche Tagesdosis bei 5-20 mg THC verteilt auf 2-3 Einzeldosen. Zu Beginn der Therapie mit Kapseln empfiehlt sich eine Packung mit 2,5 mg THC-Kapseln. Nach Einstellung der Therapiedosis können auch höher dosierte Kapseln eingenommen werden z.B. solche mit 5 mg oder 10 mg THC.

Therapiebeginn mit Cannabisblüten

Zur Behandlung chronischer Beschwerden mittels Inhalation empfiehlt es sich, zu Beginn eine ausgewogene Blütensorte zu wählen, z.B. CBD/THC 8:8 oder 10:10. Wird die gewünschte Wirkung nicht erzielt, sollte die Blütensorte gewechselt werden und eine Sorte mit höherem CBD- und/oder THC-Gehalt gewählt werden. Möglicherweise auftretende Nebenwirkungen wie Unruhe und Benommenheit können durch den Einsatz einer Blütensorte mit höherem CBD-Gehalt reduziert werden.

Dosierempfehlungen für Extrakte- und Kapselrezepte

Dosierempfehlung für Cannabisblüten-Rezepte

Für Patientinnen und Patienten, die noch nie Kontakt mit Cannabis hatten, empfiehlt es sich mit einer geringeren Anfangsdosis von 10 mg getrocknete Blüten (mit bspw. 10 % THC-Gehalt) zu starten. Bei diesen Patientinnen und Patienten kann manchmal bereits eine sehr geringe Dosis von z.B. 100 mg Cannabisblüten pro Tag eine gute therapeutische Wirksamkeit erzielen. Die durchschnittliche Tagesdosis in Deutschland beträgt 1 000 mg Blüte pro Tag verteilt auf 5-6 Einzeldosen. Eine maximale Tagesdosis von 3 000 mg sollte nicht überschritten werden.

Akutbehandlung

Im Gegensatz zur Therapie chronischer Beschwerden, kann bei der Akutbehandlung keine konkrete Dosierempfehlung zu einer kontinuierlichen, über den Tag verteilten Einnahme gegeben werden. Zur Behandlung von akut auftretenden Beschwerden, z.B. Schmerzspitzen oder Migräneanfällen, bedarf es einer individuell angepassten Dosierung.

Die hier angegebenen Beispiele ersetzen nicht die klinische Beurteilung durch die behandelnde Ärztin oder den behandelnden Arzt. Die individuellen therapeutischen Bedürfnisse der Patientin oder des Patienten erfordern gegebenenfalls eine Anpassung der einzelnen Titrationsschritte oder der täglichen Einnahmedosis bzw. der Einnahmeverteilungen. Die vollständige Dokumentation, z.B. in Form des Therapietagebuches, stellt dabei einen wichtigen Baustein in der Dosisfindung, insbesondere bei Erstanwendern.

Dosierempfehlungen für Cannabisblütenrezepte

Über die Grünhorn Academy:

Die Grünhorn Academy, gegründet von Grünhorn - Deutschlands zuverlässiger Marke für medizinisches Cannabis, hat sich als Ziel gesetzt, eine kostenlose Wissensplattform zu schaffen, die aktuelle Erkenntnisse im Bereich des medizinischen Cannabis vorstellt.

Sie richtet sich an ärztliches Fachpersonal, Apotheker:innen, andere medizinische bzw. pharmazeutische Fachkräfte, Patient:innen und an Cannabis-interessierte Personen im Allgemeinen.

Das zukünftige Fortbildungsangebot der Grünhorn Academy besteht sowohl aus der Vermittlung von fundiertem Fachwissen (bspw. zu Cannabinoiden und Terpenen) als auch in der Vorstellung aktueller Forschungsschwerpunkte (bspw. in (prä-)klinischen Studien).


Autor: Dr. Nadine Herwig
Dr. Nadine Herwig - Leiterin Grünhorn Academy
Dr. Nadine Herwig studierte von 2006 bis 2010 Angewandte Naturwissenschaften an der Technischen Universität Bergakademie Freiberg. Ihre Promotion führte sie am Helmholtz-Zentrum in Dresden-Rossendorf am Institut für Radiopharmazie durch. Zu ihren bislang publizierten wissenschaftlichen Arbeiten gehören u. a. Originalartikel auf dem Gebiet der Hautkrebsforschung und der Biomarker.