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Cannabis in der Geriatrie und Palliativmedizin: Potenziale und Anwendungsmöglichkeiten

Cannabis in der Geriatrie und Palliativmedizin - Potenziale und Anwendungsmöglichkeiten

Key Facts

  • Hauptwirkstoffe von medizinischem Cannabis: THC kann Schmerzen lindern und wirkt psychoaktiv. CBD hat entzündungshemmende und beruhigende Eigenschaften.
  • Positive Effekte für ältere Patient:innen: Schmerzlinderung bei chronischen Erkrankungen wie Arthrose und Parkinson; verbesserte Schlafqualität und Appetitanregung; Psychische Unterstützung bei Depressionen und Angst.
  • Nutzen in der Palliativmedizin: Kontrolle chronischer Schmerzen und Reduktion von Übelkeit (z. B. bei Chemotherapie); Förderung der Muskelentspannung und Linderung von Angstzuständen.
  • Insbesondere eine niedrig THC-dosierte Therapie kann den allgemeinen Gesundheitszustand der Geriatrie- bzw. Palliativ-Patient:innen verbessern, sowie den Pflege- und Betreuungsaufwand deutlich reduzieren.

Der Einsatz von Cannabis hat sich in den letzten Jahren in der Medizin etabliert – insbesondere auch in der Geriatrie und der Palliativmedizin. Die besonderen Eigenschaften von medizinischem Cannabis können ältere Menschen und unheilbar Kranke in ihrem Alltag unterstützen und ihre Lebensqualität verbessern. Doch welche Vorteile bieten Cannabis-Arzneimittel in diesen Bereichen konkret, und wie werden sie angewendet?


Medizinisches Cannabis: Was macht es so besonders?

Medizinisches Cannabis enthält zwei Hauptwirkstoffe: THC (Tetrahydrocannabinol) und CBD (Cannabidiol). Während THC psychoaktive Effekte besitzt und Schmerzen lindern kann, zeigt CBD vor allem entzündungshemmende und beruhigende Eigenschaften. In der Kombination ermöglichen diese Wirkstoffe eine alternative Behandlungsmöglichkeit von Symptomen, die in der Geriatrie und Palliativmedizin häufig auftreten.


Einsatzmöglichkeiten von Cannabis in der Geriatrie

Medizinisches Cannabis erweist sich als besonders vielversprechend für den Einsatz bei geriatrischen und Palliativpatient:innen, da es ein breites therapeutisches Spektrum bietet und bereits in sehr niedrigen Dosierungen eine bemerkenswerte Wirksamkeit erzielen kann1. Im Vergleich zu Standardtherapien zeichnet es sich durch eine geringe Nebenwirkungsrate und eine gute Verträglichkeit aus, was dazu beitragen kann, zusätzliche gesundheitliche Komplikationen und schwerwiegende Schäden zu vermeiden. Darüber hinaus verbessert medizinisches Cannabis nicht nur den allgemeinen Gesundheitszustand der Patient:innen, sondern reduziert auch den Pflege- und Betreuungsaufwand signifikant - ein Vorteil, der nicht unterschätzt werden sollte.

Ältere Menschen leiden oft unter chronischen Erkrankungen wie Arthrose, RheumaParkinson oder Demenz bzw. Alzheimer. Cannabis kann dabei helfen, Symptome zu lindern und das Wohlbefinden zu steigern. Wenn Schmerzen nicht ausreichend kontrolliert werden, kann es zum Verlust der Autonomie, zu sozialen Beeinträchtigungen, Appetitverlust, Schlafstörungen, Depression und Angst kommen2. Dieser Kreislauf kann mit Hilfe der Cannabistherapie durchbrochen werden:

  • Schmerzlinderung: Chronische Schmerzen gehören zu den häufigsten Beschwerden älterer Menschen. Cannabis kann hier eine Alternative zu Opioiden darstellen, da es das Risiko von Abhängigkeit und Nebenwirkungen reduziert.
  • Verbesserung des Schlafs: Schlafstörungen sind ein häufiges Problem vor allem im Alter. Cannabis-Arzneimittel können die Schlafqualität verbessern, indem sie beruhigend wirken und die Tiefschlafphasen fördern.
  • Appetitanregung: Bei älteren Menschen, die unter Appetitlosigkeit leiden, kann medizinisches Cannabis helfen, die Nahrungsaufnahme zu steigern – ein wichtiger Faktor für die allgemeine Gesundheit.
  • Psychische Unterstützung: Angstzustände und Depressionen sind ebenfalls häufig. CBD hat das Potenzial, die Stimmung zu stabilisieren und Stress zu reduzieren.


Cannabis in der Palliativmedizin: Lebensqualität im Fokus

In der Palliativmedizin steht die Linderung von Leid und die Verbesserung der Lebensqualität im Mittelpunkt. Medizinisches Cannabis kann bei folgenden Symptomen helfen:

  • Schmerzmanagement: Bei unheilbaren Krankheiten wie Krebs oder Multipler Sklerose ist die Schmerztherapie essenziell. Medizinisches Cannabis ermöglicht eine bessere Kontrolle von chronischen und neuropathischen Schmerzen.
  • Übelkeit und Erbrechen: Besonders bei Chemotherapien können Cannabinoide Übelkeit und Erbrechen reduzieren und somit die Therapie erträglicher machen.
  • Angstlinderung: Viele Palliativpatient:innen erleben Ängste und Unruhe. THC und CBD können beruhigend wirken und emotionalen Stress mindern.
  • Muskelentspannung: Krämpfe und Verspannungen, die durch Krankheiten wie ALS oder MS verursacht werden, können durch Cannabis gemildert werden.


Formen der Anwendung

Medizinisches Cannabis ist in verschiedenen Darreichungsformen erhältlich, um den Bedürfnissen der Patient:innen gerecht zu werden:

  • Cannabisextrakte: Geeignet für eine präzise Dosierung bei chronischen Erkrankungen
  • Vollspektrumextrakt-Kapseln: Einfach einzunehmen und diskret, ebenfalls zur Dauermedikation geeignet mit längerer Wirkdauer (bspw. über Nacht)
  • Cannabisblüten zur Inhalation: Für eine schnelle Wirkung bei akuten Beschwerden

Weitere Informationen zu den verschiedenen Anwendungsformen finden Sie hier: ⁣Anwendung verschiedener Cannabisprodukte


Aktuelle Studienlage

Die aktuelle Studienlage zeigt vielversprechende Ergebnisse für den Einsatz von medizinischem Cannabis in der Geriatrie und Palliativmedizin. Insbesondere die frühzeitige Integration der Cannabistherapie scheint dabei von Vorteil zu sein.

In einer kleinen retrospektiven monozentrischen Kohortenstudie wurde der Einsatz von Dronabinol bei 40 geriatrischen, nichtpalliativen Schmerzpatient:innen (Gruppe A) und geriatrischen Palliativpatient:innen (Gruppe B) ab dem 80. Lebensjahr untersucht3. Grundlage der Auswertung war ein Fragebogen mit Angaben zu Dosierungen, der Schmerzstärke, Therapieeffekten und Nebenwirkungen durch die Cannabistherapie. Durch den Einsatz von Dronabinol erreichten 21 der 40 ausgewerteten geriatrischen Patient:innen eine Schmerzlinderung von mehr als 30 %, 10 % der Patient:innen von mehr als 50 %. Im Durchschnitt wurden etwa vier Symptome oder Nebenwirkungen der Vortherapie positiv beeinflusst. 26 % der Patient:innen gaben Nebenwirkungen an. Die Forschenden resümieren, dass Cannabis-basierte Arzneimittel somit eine effektive, risikoarme Therapieoption bilden können, die frühzeitig erwogen werden sollte.

In einer retrospektiven Dreijahresauswertung wurde der Verbrauch von Opioiden und Cannabis-Arzneimitteln analysiert4. 178 Schmerzpatient:innen (Durchschnittsalter 72 Jahre) wurden durchschnittlich 366 Tage therapiert. Der Opioidverbrauch reduzierte sich signifikant um 50 %, unabhängig von der Dosis des Cannabis-Arzneimittels, Geschlechts oder Alters. Schmerzpatient:innen profitieren von einer lang dauernden Cannabistherapie, die sicher und signifikant auch in niedriger Dosis den Opioidverbrauch senkt.

Eine Analyse von Daten von fünf ambulanten Palliativteams in Brandenburg hatte das Ziel, den Einfluss von THC auf die Sterblichkeit ambulanter Palliativpatient:innen zu untersuchen5. Insgesamt wurden 9.419 Patient:innen mit einer Überlebenszeit von mindestens 7 Tagen (Kohorte 1) und 7.085 Patient:innen mit einer Überlebenszeit von 7 bis 100 Tagen (Kohorte 2) analysiert. In beiden Kohorten war die Überlebenszeit signifikant verlängert, wenn die tägliche THC-Dosis über 4,7 mg lag. In Kohorte 2 verlängerte sich die Überlebenszeit bei einer höheren THC-Dosis um 15 Tage (40 vs. 25 Tage).


Fazit

Medizinisches Cannabis bietet ein großes Potenzial in der Geriatrie und Palliativmedizin, insbesondere bei der Linderung von Schmerzen, der Förderung von Schlaf und Appetit sowie der psychischen Unterstützung. Mit der richtigen Beratung und Dosierung kann es eine wertvolle Ergänzung zu bestehenden Therapien sein. Nichtsdestotrotz ist eine ärztliche Begleitung der Therapie anzuraten, vor allem aufgrund möglicher Auswirkungen auf das Herz-Kreislauf-System und Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten (u.a. Blutverdünner, Blutdrucksenker).


Quellen

[1] Gastmeier K, Gastmeier A. Leitfaden – Medizinisches Cannabis für Senioren und Patienten mit chronischen Krankheiten. Patientenvereinigung Cannabis Social Club, Bozen. 2022.
[2] Bruhn, C. Einsatzmöglichkeiten von medizinischem Cannabis in der Geriatrie. Schmerzmed. 39 (Suppl 1), 37 (2023).
[3] Wendelmuth, C., Wirz, S., Torontali, M. et al. Dronabinol bei geriatrischen Schmerz- und Palliativpatienten. Schmerz 33, 384–391 (2019).
[4] Gastmeier, K., Gastmeier, A., Rottmann, F. et al. Cannabinoide reduzieren den Opioidverbrauch bei älteren Schmerzpatienten. Schmerz 37, 29–37 (2023).
[5] Gastmeier K, Gastmeier A, Schwab F, Herdegen T. The Use of Tetrahydrocannabinol Is Associated with an Increase in Survival Time in Palliative Cancer Patients: A Retrospective Multicenter Cohort Study. Med Cannabis Cannabinoids. 2024 Mar 14;7(1):59-67.

Autor: Dr. Nadine Herwig
Dr. Nadine Herwig - Leiterin Grünhorn Academy
Dr. Nadine Herwig studierte von 2006 bis 2010 Angewandte Naturwissenschaften an der Technischen Universität Bergakademie Freiberg. Ihre Promotion führte sie am Helmholtz-Zentrum in Dresden-Rossendorf am Institut für Radiopharmazie durch. Zu ihren bislang publizierten wissenschaftlichen Arbeiten gehören u. a. Originalartikel auf dem Gebiet der Hautkrebsforschung und der Biomarker.