Rote Augen beim Cannabis-Konsum: Was passiert wirklich bei der Wirkung vom grünen Kraut auf unsere Augen?

Key Facts:
- Die typischen roten Augen nach dem Cannabis-Konsum entstehen nicht zufällig – sie sind das Ergebnis einer gefäßerweiternden Wirkung von THC, das die Durchblutung der Bindehaut sichtbar steigert.
- Cannabis beeinflusst die Lichtreaktion der Pupillen oft nur leicht. Statt auffälliger Veränderungen bleibt die Pupillengröße meist stabil oder wird minimal kleiner – medizinisch wird das als Miosis bezeichnet.
- THC wirkt drucksenkend auf das Auge, was für Glaukom-Patient:innen interessant sein kann. Die Effekte sind aber zeitlich begrenzt und daher derzeit nicht als alleinige Therapie geeignet.
Gerötete, glasige Augen, ein leicht weggetretener Blick im Gesicht, und das alles nur wegen einer Pflanze? Wer mit Cannabis zu tun hat, kennt sie: die berühmt-berüchtigten "Kiffer-Augen". Was aussieht wie eine durchzechte Nacht, ist in Wirklichkeit tatsächlich eine komplexe Reaktion des Körpers auf eines der Cannabinoide der Hanfpflanze – nämlich THC. Aber warum sehen unsere Augen nach dem Cannabis-Konsum so aus, als wäre man gerade einem Remake von Twilight entsprungen?
In diesem Beitrag machen wir Schluss mit Halbwissen und Klischees über die typischen Kiffer-Augen. Stattdessen befassen wir uns mit der großen Frage „Was passiert bei den Augen nach dem Konsum von Cannabis genau?“. Wie verändert sich der Augeninnendruck? Und was davon ist Mythos, was ist Fakt?
Die Wirkung von Cannabis auf die Augen: der klassische Blick nach dem Konsum
Eins vorweg: rote Augen nach der Einnahme von Cannabis sind kein Zufall und auch kein urbaner Mythos. Sie sind vielmehr eines der bekanntesten äußeren Begleiterscheinungen für den Einfluss von THC auf den Körper. Der Grund dafür liegt in der vasodilatierenden Wirkung des Wirkstoffs: THC führt dazu, dass sich die Blutgefäße im Auge erweitern.
Was dabei passiert, ist einfach: Die erweiterten Gefäße lassen mehr Blut durchfließen, was im Bereich der Bindehaut sofort sichtbar wird. Die Augen wirken gerötet, als hätte man eine Allergie oder eine ganze Nacht ohne Pause durchgearbeitet. Dieser Effekt tritt oft schon kurze Zeit nach der Einnahme von Cannabis ein. Das erklärt auch, warum viele Menschen, die Cannabis medizinisch nutzen, nach dem Konsum zu Augentropfen greifen oder sich verstärkt der Sonnenbrille bedienen.

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Wirkt sich Cannabis auf den Augenreflex aus?
Tatsächlich zeigen Studien, dass die Pupillen nach dem Cannabis-Konsum entweder unverändert bleiben oder sich sogar leicht verkleinern.1,2 Dieses Phänomen wird Miosis genannt. Der Effekt ist jedoch dezent und nicht immer sichtbar. Was aber messbar ist: Die Lichtreaktion der Pupille kann leicht verzögert oder abgeschwächt sein. Das heißt, dass sie weniger dynamisch auf Lichtreize reagiert - ein Hinweis auf eine erhöhte Empfindlichkeit.
Gerade im Kontext von „Drogenkonsum erkennen“ ist es wichtig, diese Zeichen zu verstehen. Denn während psychoaktive Substanzen wie LSD oder MDMA typischerweise eine deutlich sichtbare Pupillenerweiterung (Mydriasis) verursachen, sind Veränderungen der Pupillengröße bei Cannabis meist subtil oder gar nicht sichtbar – was eine visuelle Unterscheidung erschwert und weniger zuverlässig macht.

Der Augeninnendruck bei Cannabis: Ein medizinisch interessanter Effekt
Einer der interessantesten medizinischen Aspekte der Wirkung von Cannabis auf die Augen ist die Beeinflussung des Augeninnendrucks. THC senkt den intraokularen Druck, was bei Patient:innen mit Glaukom potenziell hilfreich sein kann.3,4 Beim Glaukom ist der Augeninnendruck dauerhaft erhöht, was langfristig zu einer Schädigung des Sehnervs führen kann. Cannabis kann hier eine temporäre Entlastung bieten. Allerdings ist die Wirkung zeitlich begrenzt, und damit für eine dauerhafte Verwendung in der klinischen Praxis noch nicht ausreichend.
Die Forschung hierzu ist aktiv, doch aktuell wird Cannabis allein nicht als primäre Therapie bei Glaukom empfohlen. Das Stichwort „Cannabis Augeninnendruck“ ist jedoch fester Bestandteil in der Diskussion um die medizinische Nutzung von Cannabinoiden.
Kiffer Augen oder medizinisches Symptom? Das Gesamtbild zählt
Wenn jemand „Kiffer-Augen“ googelt, sucht er oder sie meist nach optischen Indikatoren für den Cannabis-Konsum. Doch die isolierte Betrachtung von Augenveränderungen reicht nicht aus, um den Zustand einer Person zu beurteilen. Gerötete Augen können nämlich viele Ursachen haben:
- Allergien
- Schlafmangel
- hohe Bildschirmzeit
- Alkoholkonsum oder Nikotin
Auch die Pupillengröße ist allein kein sicherer Marker. Es braucht ein Gesamtbild: Verhalten, Mimik, Reaktion, Sprachmuster. Besonders in der Medizin und Therapie muss daher sehr differenziert vorgegangen werden.
Und auch bei der Beurteilung durch Außenstehende wie Polizei oder Ärzt:innen gilt: Es kommt nicht auf einzelne Merkmale an, sondern auf den Zusammenhang zwischen körperlichen Reaktionen und äußeren Anzeichen - und darauf, wie diese in der Öffentlichkeit wahrgenommen werden.
Warum merkt man trotzdem, wenn jemand Cannabis konsumiert hat?
Es sind nicht nur die „bekifften Augen“, die auffallen. Die Wirkung von Cannabis ist ein Zusammenspiel aus kognitiven, motorischen und emotionalen Veränderungen. THC wirkt im zentralen Nervensystem, besonders auf das limbische System (Emotionen), das Kleinhirn (Koordination) und den präfrontalen Kortex (Entscheidungen, Impulskontrolle). Das zeigt sich in:
- verlangsamter Reaktion
- veränderter Sprache
- anderer Mimik
- leicht verwaschener Bewegungskoordination
So entsteht der stereotypische Look, der über die reinen "Cannabis-Augen" hinausgeht.
Rötung, leicht veränderte Mimik und eine verlangsamte Reaktion sind äußere Merkmale, die sich nicht nur durch die Wirkung von THC erklären, sondern auch durch die Art der Konsumform, die Dosierung oder sogar den Zustand des Gehirns und anderer körpereigener Systeme. Auch der Einfluss anderer Medikamente oder Substanzen wie Alkoholkonsum darf nicht unterschätzt werden. Es braucht also ein umfassendes Verständnis und keine vorschnellen Schlussfolgerungen.
Kann man rote Augen nach dem Cannabis-Konsum verhindern?
Ja, zumindest kurzfristig. Viele greifen zu Augentropfen, die gefäßverengend wirken, wie etwa Tetrahydrozolin. Diese reduzieren die Durchblutung und lassen die Augen wieder heller erscheinen. Doch Vorsicht: Dauerhafte Nutzung kann zum Rebound-Effekt führen, bei dem die Augen danach noch geröteter sind. Besser ist es deswegen, viel Wasser zu trinken, sich frische Luft zu gönnen und die Augen einfach mal zu entspannen – und ja, damit meinen wir, das Handy mal wegzulegen und die Bildschirmzeit zu reduzieren!
Wie relevant sind Cannabis-Augen medizinisch?
Obwohl viele diese Effekte eher als kosmetisches Problem sehen, sind sie medizinisch nicht bedeutungslos. Die Änderung des Augeninnendrucks ist für Augenärzt:innen von Interesse, ebenso wie die Reaktion des Auges auf Reize. Bei der Einstellung von Medikation, gerade bei Patient:innen mit neurologischen oder ophthalmologischen Erkrankungen, kann die Kenntnis dieser Effekte helfen.
Mythos vs. Fakt: Was stimmt wirklich rund um die Auswirkungen von Cannabis auf die Augen?
Hier nochmal ein kurzer Blick auf einige weitverbreitete Annahmen - und was wissenschaftlich tatsächlich hinter den Folgen der Cannabis-Einnahme auf das Sehvermögen steckt:
- "THC sorgt immer für riesige, geweitete Pupillen."
❌ Beim Konsum von Cannabis bleibt die Pupillengröße meist unverändert oder verkleinert sich leicht - dieser Vorgang nennt sich Miosis. - ""Rote Augen entstehen, weil man "high" ist."
⚠ Die Rötung ist eine direkte Auswirkung vom Cannabinoid THC auf die Blutgefäße im Auge. Konkret nennt sich das eine durchblutungsfördernde Vasodilatation. - ""Kiffer-Augen" sind ein sicheres Anzeichen für Drogenkonsum."
👁 Gerötete oder glasige Augen können viele Ursachen haben. Erst das Zusammenspiel verschiedener Symptome macht den Einfluss von Cannabis erkennbar.

Fazit
Rote, glasige Augen und gesenkter Augeninnendruck: Die Wirkung von Cannabis auf die Augen ist vielschichtig und häufig unterschätzt. Was auf den ersten Blick nach Kiffer-Augen aussieht, ist medizinisch gesehen eine logische Reaktion auf die Effekte von THC im Endocannabinoid-System. Wer Cannabis konsumiert, sei es aus medizinischen Gründen oder in legalen Kontexten, sollte die Wirkung auf die Augen nicht unterschätzen. Sie sind ein sichtbarer, aber auch interpretierbarer Hinweis auf die komplexen Prozesse, die Cannabis im Körper auslöst.
Disclaimer: Dieser Beitrag dient ausschließlich der sachlichen Information. Er stellt keine medizinische Beratung dar und ist nicht als Aufforderung zum Konsum von Cannabis zu verstehen. Bitte beachte die geltenden gesetzlichen Regelungen und konsultiere bei gesundheitlichen Fragen immer medizinisches Fachpersonal.
Quellen:
[1] Brown B, Adams AJ, Haegerstrom-Portnoy G, Jones RT, Flom MC. Pupil size after use of marijuana and alcohol. Am J Ophthalmol. 1977 Mar;83(3):350-4. doi: 10.1016/0002-9394(77)90732-2. PMID: 322494.
[2] Kuijpers KWK, Andersson K, Winkvist M, Niesters M, van Velzen M, Nyberg F, Dahan A, Hämäläinen MD. Eye reactions under the influence of drugs of abuse as measured by smartphones: a controlled clinical study in healthy volunteers. Front Neurosci. 2025 Jan 7;18:1492246. doi: 10.3389/fnins.2024.1492246. PMID: 39840007; PMCID: PMC11748063.
[3] Merritt JC, Crawford WJ, Alexander PC, Anduze AL, Gelbart SS. Effect of marihuana on intraocular and blood pressure in glaucoma. Ophthalmology. 1980 Mar;87(3):222-8. doi: 10.1016/s0161-6420(80)35258-5. PMID: 7053160.
[4] Tomida I, Azuara-Blanco A, House H, Flint M, Pertwee RG, Robson PJ. Effect of sublingual application of cannabinoids on intraocular pressure: a pilot study. J Glaucoma. 2006 Oct;15(5):349-53. doi: 10.1097/01.ijg.0000212260.04488.60. PMID: 16988594.