Endocannabinoid-System einfach erklärt: Wie Cannabis im Körper wirkt

- Das Endocannabinoid-System (ECS) ist ein zentrales biologisches Netzwerk im Körper, das u. a. Schmerz, Entzündungen, Emotionen und das Immunsystem reguliert.
- Cannabis wirkt über das ECS, indem pflanzliche Cannabinoide wie THC und CBD an körpereigene Rezeptoren andocken oder diese modulieren.
- Ein gestörtes ECS kann gesundheitliche Folgen haben – hier setzt der therapeutische Einsatz von medizinischem Cannabis gezielt an, sollte aber ärztlich begleitet werden.
Du willst mal wieder beim Abendessen mit Fachwissen glänzen – oder einfach verstehen, wie medizinisches Cannabis überhaupt wirkt? Dann lohnt sich ein Blick auf das Endocannabinoid-System, kurz: ECS. Denn genau hier setzt Cannabis an.
Was ist das Endocannabinoid-System (ECS)?
Das Endocannabinoid-System ist ein biologisches Netzwerk im Körper, das eine zentrale Rolle für viele lebenswichtige Prozesse spielt. Es besteht aus drei Hauptkomponenten:
- Rezeptoren (vor allem CB1 und CB2)
- körpereigene Botenstoffe (sogenannte Endocannabinoide wie Anandamid und 2-AG)
- Enzyme, die diese Stoffe auf- und wieder abbauen
Dieses System hilft dem Körper, Homöostase, also das innere Gleichgewicht, zu erhalten. Es ist u. a. beteiligt an:
- der Regulation von Schmerz und Entzündung
- der Steuerung von Appetit und Verdauung
- der Verarbeitung von Emotionen und Stress
- der Immunantwort
Die Rezeptoren sind im gesamten Körper verteilt: CB1 findet sich vor allem im zentralen Nervensystem (z. B. im Gehirn), CB2 überwiegend in Zellen des Immunsystems.
Und was hat Cannabis damit zu tun?
Cannabis enthält sogenannte Phytocannabinoide, also pflanzliche Cannabinoide. Zwei davon kennst du vielleicht schon: THC (Tetrahydrocannabinol) und CBD (Cannabidiol). Diese Substanzen können auf das ECS wirken, weil sie sich an die gleichen Rezeptoren binden wie die körpereigenen Botenstoffe.
THC bindet vor allem an CB1-Rezeptoren im Gehirn. Dadurch erklärt sich die psychoaktive Wirkung – aber auch mögliche therapeutische Effekte, z. B. bei chronischen Schmerzen. CBD wirkt weniger direkt, beeinflusst aber das ECS auf vielfältige Weise. Es moduliert Rezeptoren, hemmt Enzyme und unterstützt so die Balance des Systems.
Was bewirkt das im Körper?
Laut wissenschaftlichen Übersichtsarbeiten1 hat das ECS Einfluss auf viele Vorgänge, die auch bei Krankheiten eine Rolle spielen – z. B. bei chronischen Schmerzen, neurologischen Erkrankungen oder psychischen Belastungen. Besonders spannend: Das ECS interagiert nicht nur mit CB1 und CB2, sondern auch mit anderen Rezeptoren wie GPR55 oder TRPV1, die etwa bei Schmerzempfindung oder Immunreaktionen beteiligt sind. Das erklärt, warum Cannabinoide so vielseitig erforscht werden.
Was passiert, wenn das ECS aus dem Gleichgewicht gerät?
Ein dauerhaft gestörtes ECS, etwa durch chronischen Stress oder Entzündungen, kann mit verschiedenen Beschwerden verbunden sein. Forschende sprechen dann von einer möglichen Endocannabinoid-Dysfunktion. Hier setzen therapeutische Ansätze an, bei denen das ECS gezielt beeinflusst werden soll – z. B. mit medizinischem Cannabis. Aktuell sind Cannabinoide die einzige bekannte Möglichkeit, ein aus dem Gleichgewicht geratenes ECS gezielt zu regulieren. Andere Medikamente, die diese Funktion übernehmen könnten, existieren derzeit nicht.
Gibt es Risiken oder Grenzen?
Trotz des großen Potenzials darf nicht vergessen werden, dass das ECS ein hochkomplexes System ist. Eingriffe, egal ob durch Medikamente oder pflanzliche Substanzen, sollten immer gut durchdacht und medizinisch begleitet werden. Die Forschung ist hier aktiv, aber längst nicht abgeschlossen.
Fazit: Ein Schlüssel zu Gesundheit und Regulation
Das Endocannabinoid-System ist weit mehr als eine Fußnote der Cannabispflanze – es ist ein grundlegender Bestandteil unseres Körpers. Wer versteht, wie es funktioniert, bekommt einen besseren Einblick in die Wirkung von medizinischem Cannabis und dessen Potenzial. Gerade für Patient:innen, die sich mit Therapieoptionen beschäftigen, ist dieses Wissen ein wichtiger erster Schritt.
Quellen:
[1] Crocq MA. History of cannabis and the endocannabinoid system . Dialogues Clin Neurosci. 2020 Sep;22(3):223-228. doi: 10.31887/DCNS.2020.22.3/mcrocq. PMID: 33162765; PMCID: PMC7605027. / Rezende B, Alencar AKN, de Bem GF, Fontes-Dantas FL, Montes GC. Endocannabinoid System: Chemical Characteristics and Biological Activity. Pharmaceuticals (Basel). 2023 Jan 19;16(2):148. doi: 10.3390/ph16020148. PMID: 37017445; PMCID: PMC9966761.
Disclaimer: Dieser Beitrag dient ausschließlich der allgemeinen Information über das Endocannabinoid-System und die möglichen Wirkmechanismen von Cannabinoiden im Körper. Er ersetzt keine medizinische Beratung, Diagnose oder Therapie. Bei gesundheitlichen Fragen oder dem Wunsch nach einer Behandlung mit medizinischem Cannabis solltest du dich immer an eine Ärztin oder einen Arzt wenden.